Karate-Do als Anti-Aggressivitätstraining
Autor: Dr. phil. Jörg-M. Wolters, Jg. ’60, ist Universitäts-Dozent für Sozialpädagogik und Lehrbeauftragter für Soziale Therapie, Karate-Do-Lehrer und Leiter des Instituts für Budopädagogik Kontakt.
Dieser Beitrag, erschienen im Fachmagazin JKA-KARATE 2/2004, beschreibt die Theorie, die Praxis und die Forschungsergebnisse eines außergewöhnlichen Projektes, in dem Karate-Do als ein erfolgreiches Mittel eingesetzt wurde (und weiterhin wird), um gewalttätige Jugendliche friedfertiger zu machen.
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Die wegen wiederholter massiver Gewaltstraftaten auffällig gewordenen jungen Männer wurden in halbjährigen Intensiv-Kursen in einem budopädagogischen Kampfkunstprogramm ausgebildet, in dem sie nicht lernen sollten sich zu schlagen, sondern sich nicht zu schlagen. Dazu sollten sie lernen mit ihren Aggressionen umzugehen und sich zu beherrschen...
Kampfkunst als sporttherapeutische Massnahme gegen Gewalt
Im Sinne eines Anti-Aggressivitäts-Trainings für Gewalttäter muss daher konsequent in den Ansprüchen, in der Theorie und in der Praxis etwas mehr sein, als ein rein sportorientiertes Karate. Wenn
Karate verstanden wird als Schule für Körper und Geist beinhaltet die Ausbildung neben der Vermittlung von Grundschultechniken (Kihon), Bewegungsabläufen (Kata) und Kampfkombinationen (Kumite)
auch...
Karate-Do als Therapie
Soll Kampfkunst eine Therapieform sein, muss sie sich aber ganz gezielt auf die alten Traditionen beziehen, d.h. ein pädagogisches Klima, eine fast väterliche Beziehung zwischen Meister (Sensei) und
Schüler (Kohai) schaffen, was mehr ist als die zwischen Trainer und Sportler...
In der Kampfkunst hat Aggressivität keinen Platz
Letztlich zielt doch budospezifisches Kampftraining darauf ab, psychischstabiler und stärker, d.h. ausgeglichener und mit größerer Wahrnehmungs-und Reaktionsfähigkeit ausgestattet zu sein (der Geist soll sein wie die Oberfläche eines unbewegten Wassers "mizu no kokoro")...
Der sozialerzieherische Wert
Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, als würden nun die sportorientierten Budo-disziplinen "verteufelt" werden, auch in ihnen wird faires Verhalten und regelgeleitetes Kämpfen (von schwarzen
Schafen abgesehen) vorausgesetzt und eingeübt. Wenn aber Kampfkunst als Therapie diskutiert wird...
Projekte für Schläger
weiß, dass auch in der umfangreichen Budo-Literatur die disziplinspezifischen Lehrbücher sowie mehr oder weniger reichlich ausgestattete Bildbände vorherrschen und Werke über die Theorie, also die
Geschichte, den Geist und das Wesen des Budo die absolute Ausnahme sind..Jeder .
Karate statt Knast
Unter dem Motto "Karate statt Knast" wurde 1986 erstmals im Rahmen eines sozialpädagogischen Betreuungsprojektes, das als ambulante Alternative zu stationären Maßnahmen (Heimerziehung, Jugendarrest
oder -strafvollzug) sport- und erlebnispädagogische Gruppenarbeit vorsieht, Karate-Unterricht angeboten...
Rücksichtnahme lernen
Die Karate-Do-Kurse für die jugendlichen "Schläger" wurden in Gruppen mit jeweils 8 Teilnehmern in einem selbst hergerichteten Übungsraum (Dojo) nach den traditionellen Kriterien, wie Betonung und
Einhaltung der Etikette, Disziplin usw. zweimal wöchentlich durchgeführt...
Karate im Knast
Dieser seinerzeit weltweit einmalige Ansatz der Behandlung von hochgradig aggressiven Gewaltstraftätern im Strafvollzug wurde von 1989 bis 1991 in der Jugendanstalt Hameln durchgeführt. In diesem
sporttherapeutischen Anti-Aggressivitäts-Training kamen Intensivkurse im traditionellen Karate-do als eine Schule der Körper - und Selbstbeherrschung zur Anwendung...
Budo und Gewalt
Aufsehen erregende, äußerst dummdreiste Forderungen, den Kampfsport zu verbieten, weil er eine Schule für potentielle Gewalttäter und Kriminelle sei und geradezu eine Gefahr für die Gesellschaft
darstelle, schreckten seinerzeit viele Eltern auf. Sie machten sich nun Sorgen um ihre Kinder, weil diese im örtlichen Verein Judo, Karate oder Taekwondo lernten...
Abbau der Aggressivität durch Karate
Gerade was den Vorwurf anbelangt, Karate mache gar erst aggressiv, kann nun Entwarnung gegeben werden. Mit Vorlage der ersten erziehungswissenschaftlichen Studie über den Zusammenhang von Karate und
Aggressivität lässt sich empirisch nachweisen...
Positive Ergebnisse
und Folgeprojekte
Ebenso deutlich wie die Ergebnisse, was die nachweisbare Effektivität hinsichtlich der Steigerung des Sozialverhaltens und
der pro-sozialen Orientierung (Fairness, Friedfertigkeit) der Teilnehmer durch das Karatedo-Training anbelangt. Die weiteren Persönlichkeitsveränderungen, die auf die Teilnahme am Projekt der Körper
- und Selbstbeherrschung zurückzuführen sind...
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